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Kein einziger Sieg im Kajak und trotzdem seit über 50 Jahren Clubmitglied

Die offizielle Bezeichnung lautet:

Kanu Club Turngemeinde München, Bootshaus Zentralländstraße 4 und er gehört – wie man aus den Sporthandbüchern entnehmen kann – zu den über 1050 Vereinen mit insgesamt über 90.000 Mitgliedern in der Bundesrepublik, die sich dem Kanusport verschrieben haben. Doch nur etwa 10% der Mitglieder betreiben aktiv Wettkampfsport in den Sparten Regatta, Wildwasser-Abfahrt, Slalom, Kanu Polo und neuerdings auch Rodeo.

Als einer dieser restlichen 80.000 Kanuten fühle ich mich noch immer dieser Gilde zugehörig, obwohl mich weniger die sportlichen Aktivitäten mit dem Club verbinden.

Als Zwanzigjähriger kam ich 1948 – noch gezeichnet von den Folgen der Segnungen des ”tausendjährigen Reiches” – in diesen Verein, um das Paddeln zu lernen und auch dem Wettkampf zu huldigen. Bald wurde mir jedoch klar, daß sowohl Talent wie auch die sonstigen Voraussetzungen fehlten, die zur Ausübung einer solchen Sportart gehören und ich somit für den Wettkampfsport völlig fehl am Platz war. Doch es gab auch damals eine Gruppe von Menschen, die neben einigen Wanderfahrten vor allem die Geselligkeit pflegte. Die Straßenbahn war das einzige Verkehrsmittel das uns zu unserem ”Club” brachte, dem damaligen Mittelpunkt unseres Lebens, in dem wir jede freie Stunde waren.

Ich war bald beruflich so eingebunden, daß ich bestenfalls am Sonntag etwas Zeit erübrigen konnte, um mich mit den Freunden, die ich inzwischen im Club gefunden hatte, zu treffen.

Die Frage, warum ich heute nach so vielen Jahren immer noch ein Mitglied dieser Turngemeinde bin, ist nicht ganz einfach zu beantworten. Doch einen Versuch ist es wert.

Ich habe in diesem Club etwas gefunden, was mich als Buchhändler und deswegen in kulturellen Dingen besonders sensibilisiert, stets positiv angesprochen hat. Es ist die Form, der Stil und die Art, das Miteinander, das nicht nur einseitig auf den Sport ausgerichtete Clubgeschehen und das musisch-schöngeistige Interesse vieler Freunde.

Um dies zu verdeutlichen, möchte ich auf verschiedene Dinge verweisen, die für einen Sportverein eher atypisch sind. Als das Bootshaus fertig war, hat eines unserer Mitglieder, der Kunstmaler Hans Proquitté sen., die Räumlichkeiten ausgestaltet und so einen sehr schönen Rahmen geschaffen.

Schon immer war die Weihnachtsfeier die herausragende Veranstaltung des Jahres. ”Kanuten-Quartett” nannten sie sich, die vier Konzertmeister Ludwig Ackermann, Hubert Aumere, Max Braun und Wiggerl Gassner, aus den beiden Münchner Symphonieorchestern, die auch als Solisten in den Konzertsälen Europas und in Übersee begehrte Interpreten waren. Sie gaben den festlichen Rahmen für die Weihnachtsfeiern.

Aus dem Genre des Volkstheaters fanden Künstler, wie der unvergessenen Bally Prell und Bertl Schultes den Weg nach Thalkirchen. Nicht zu vergessen, die aus dem breiten Spektrum der Volksmusikanten herausragende Gesangsgruppe ”Schwanthalerhöher Dreig´sang”, die durch ihren Vortrag altbayerischen Liedgutes brillierte. Aber auch eine bemerkenswerte Zahl von Clubmitgliedern musiziert selbst und gestaltet so manch festlichen Abend.


Der Autor – vorne rechts – bei einer Donaufahrt an der österreichischen Grenzkontrolle

Entscheidend für mich war und ist, auch heute noch, daß die Mitglieder dies angenommen, bzw. begrüßt haben, ja sogar begeistert waren. Das ist auch ein Indiz für die in der TGM geübte Toleranz, nach dem Motto: Leben und leben lassen!

Zu allen Zeiten fand ich in unserem Kreis Gesprächspartner, die aufgeschlossen und sachgemäß zu diskutieren wußten.

Alle diese Aktivitäten, es sind auch die Wochenendfahrten auf bayerischen Flüssen – ganz gleich ob auf Isar, Loisach, Ammer oder Inn – oder die jährlichen Pfingstfahrten auf der Donau von Neuburg oder Passau nach Wien, gehören zu den Sternstunden meines Lebens.

Die rauschenden Faschingsfeste der fünfziger und sechziger Jahre, die ich als Tanzwütiger genoß, gehören zu meinen unvergeßlichen Erlebnissen, die auch ein Zusammengehörigkeitsgefühl entwickelten. Das führte zu Freundschaften, die auch heute noch von Bestand sind.

Daß das so blieb, daß ”Niveau” im Club großgeschrieben wurde, verdanken wir alle den verschiedenen Präsidenten, die, jeder auf seine Art, versucht haben, den ”Club” zu einem eigenständigem, anspruchsvollen Gemeinwesen zu machen.

Noch sehr gut kann ich mich an die Feier des 50jährigen Bestehens erinnern, als in den Münchner Torggelstuben, im festlich geschmückten Saal ausgesprochen würdig gefeiert wurde. Elisabeth Lindermaier, Kammersängerin an der Bayerischen Staatsoper, verlieh dem Festakt eine besondere Note.

Viele echte Freunde habe ich gefunden in diesen 51 Jahren, die ich dem Club angehöre. Freunde, die mein Leben zusätzlich bereicherten.

Ich habe aber auch, trotz meiner ursprünglichen Abneigung gegen den Leistungssport gelernt, daß Sport – besonders im Alter – zu den ganz wichtigen Elementen unseres Lebens gehört. Im Kreise dieser alter Freunde beteilige ich mich heute als über 70jähriger mit Begeisterung an der TGM-Radlgruppe, mache Bergwandeungen und Langlauftouren.

So hoffe ich, daß ich deutlich machen konnte, warum auch ein eigentlich ”unsportlicher” Mensch, über so viele Jahre Mitglied in diesem Club ist.

Dieser Gemeinschaft habe ich viel zu verdanken.

In Anlehnung an Goethes ”Faust” drücke ich es so aus:

”Hier ist man Mensch

und kann es auch sein”.

Heinz Zeilnhofer