Wandern und Wildwasser. Eine kritische Betrachtung eines langjährigen Wildwasser-Wartes
Durch die geographisch sehr günstige Lage der TGM im Süden Münchens, mit ihrer Nähe zu den Alpen, sind die besten Voraussetzungen geschaffen, auf leichten und gemütlichen Wanderflüssen bis zum extremen Wildwasser, unserer Hauptbetätigung, dem Kajakfahren nachzugehen.
Die Mitglieder unseres Vereins nutzen diesen Vorteil reichlich, da sich auch andere alpine Sportarten, wie Bergsteigen, Klettern, Skifahren, Mountainbiken, sowie Drachen-und Gleitschirmfliegen gut mit dem Paddeln verbinden lassen.
Waren es vor Jahren ein paar Unentwegte, die die Gipfel der Berge erstiegen, unerschlossene Schnee-hänge befuhren oder brausende Flüsse mit zerbrechlichen Faltbooten bezwangen, ist der Zustrom der Begeisterten für diese herrlichen Natursportarten enorm angestiegen.
Die TGM, die in den letzten Jahren einen starken Zugang an Mitgliedern zu verzeichnen hatte, bietet für all diejenigen, die einen Sinn für Gemeinschaft und Kameradschaft mitbringen, vielfältige Möglichkeiten sportlicher Betätigung. Die sehr reichhaltigen Angebote unseres Aktivitätenkalenders belegen dies nachhaltig.
Eine Vielzahl unserer organisierten Fahrten, vorbereitet und geführt durch den Wildwasserwart (WIWAWA), mit Beteiligung von bis zu 40 Paddlern, oder kleine Gruppen Kurzentschlossener, die sich spontan an den Clubabenden verabreden, führen uns zu den schönsten Bächen und Flüssen im In- und Ausland. Tages-, Wochenendfahrten und teilweise mehrwöchige Urlaubstouren, bieten für jeden Paddler Wildwassergenuß sämtlicher Schwierigkeitsgrade.
Und während die einen auf geruhsamen Wanderflüssen Erholung suchen, vergnügen sich einzelne Wildwasserakrobaten in schmalen, schattigen und glitschigen Schluchten und suchen nach immer noch höheren Stufen und Wasserfällen, nach dem Motto: Nur Fliegen ist schöner!
Durch die ständige Verbesserung unserer Ausrüstung und durch hochentwickelte Kunststoffe für den Bau von Wildwasserbooten, ist es möglich geworden, Bäche und Flüsse zu bezwingen, die vor Jahren noch als unfahrbar galten, oder nur unter Einsatz von Material oder gar unserer Gesundheit bezwungen werden konnten.
Das alles war eine Entwicklung, die sich über Jahre vollzogen hat und heute an Grenzen stößt. Die zunehmende Verbauung der Flüsse durch Wehre und Kraftwerksmauern, als auch deren Regulierung und Begradigung, engt unsere Möglichkeiten jedoch zunehmend ein. Sie machen die Befahrung von ganzen Flüssen oder Teilstrecken unmöglich. Viele Flußlandschaften und Schluchten versinken und sind für unsere Aktivitäten für immer verloren. Auch die stetig hinzukommenden Sperrungen für die Befahrung von Gewässern schränken unseren Bewegungsfreiraum massiv ein.
Hier müssen wir uns fragen: Inwieweit ist unser Sport noch durchführbar und, sind wir noch umweltfreundlich/verträglich?
Die große und weiter ansteigende Zahl der Kajaksportler, auch in der TGM, deren Drang zur Selbstverwirklichung und zum Erlebnis, die Befahrung unserer Bäche mit unverwüstlichem Bootsmaterial, speziell bei niedrigen Wasserständen, sowie die selbstverständliche Benutzung eines Autos, sprechen für sich und zwingen uns, das Thema Umweltschutz ganz vorneanzustellen.
Nur durch absolute Rücksichtnahme und ein aktives Eintreten dafür, die ökologischen Lebensräume unserer Natur nicht zu zerstören, als auch die Rücksicht auf andere Naturliebhaber, können wir von unserem Recht auf die Befahrung von Bächen und Flüssen Gebrauch machen. Wir leisten damit einen Beitrag zum Erhalt der Natur und können so weiteren Sperrungen entgegenwirken.
Die Vielzahl der heutigen Freizeitgestaltungsmöglichkeiten, die Veränderung der Gesellschaft und der Altersstruktur, der enorme Mitgliederzuwachs der TGM in den letzten 10 Jahren, machten es immer schwieriger, einen Verein wie den unseren zu führen und aktiv am Leben zu erhalten. Dies fordert vor allem die Vorstandschaft, aber auch jedes Mitglied. Es verlangt ein gesundes Maß an Kameradschaft und den Wunsch, seine Freizeit im Kreise sportlich Gleichgesinnter zu verbringen. Es fordert aber auch die Bereitschaft, aktiv am Vereinsleben teilzunehmen.
Bisher waren diese Gedanken bei den Mitgliedern des Kanu Club Turngemeinde fest verankert und werden uns hoffentlich noch auf vielen gemeinsamen Bootsfahrten begleiten. Wichtig erscheint es mir, Strömungen entgegen zu wirken, die einer Polarisierung innerhalb des Clubs das Wort reden, hier Rennsportler, da Wanderfahrer, dort Radler usw. Wir waren und sind eine Gemeinschaft, in der Toleranz und gegenseitige Achtung Priorität genießen. Und das sollte auch so bleiben. Denn jeder in unserem Club treibt seinen Sport in erster Linie für sich selbst und sein Wohlbefinden. Wie immer das auch auf andere wirken mag.
Ich hoffe und wünsche, daß jede Art von Sport noch lange im Kreise der TGM-Mitglieder ausgeübt werden kann, für das eigene, aber auch für das Renommee des Clubs, dem wir alle gerne angehören.
Ernst Kaltenbach
WIWAWA von 1983 bis 1994