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Die TGM, eine Standortbestimmung

Man sagt, drei Deutsche, die sich zusammenfinden, gründen sofort einen Verein. Woran liegt es? Vielleicht an der Tatsache, daß alles in Deutschland seine Ordnung haben muß, eine Organisation die Voraussetzung darstellt, um mehr als drei Leute unter einen Hut zu bringen. Ein Reglement wird aufgestellt, ein Miteinander scheint sonst nur schwer möglich. So gibt es nirgends auf der Welt mehr Vereine, als bei uns.

Genauso ist auch unsere Gemeinschaft, der Kanu Club Turngemeinde entstanden. Diejenigen, die ihn vor 75 Jahren gegründet haben, dachten mit Sicherheit nicht daran, daß der Verein – wir alle heute – dieses Fest feiern können.

Das Altern ist etwas naturgegebenes, der Ablauf der Zeit. Niemand und Nichts kann sich dem entziehen. So ist es kein großes Verdienst älter, oder gar alt zu werden.

75 Jahre sind deswegen auch keine weltbewegende Zeitspanne, gemessen an der Unendlichkeit der Zeit, doch stellt sie für ein kleines Gemeinwesen, wie einen Verein unserer Größe, eine nicht zu unterschätzende Leistung dar. Es bedeutet, daß Menschen verschiedenster Schichten und Gruppen, bunt zusammengewürfelt und mit unterschiedlicher Herkunft, sich gefunden und bis heute eine Einheit gebildet haben.

Die alles umfassende Klammer war und ist der Sport, das Kanu in seiner vielfältigen Gestalt.

Als alles begann, war das Boot längst erfunden, jedoch groß, schwer und deswegen unbeweglich. Es verkörperte den Begriff der Freiheit bestenfalls auf den Meeren. Doch es fesselte, man war daran gebunden, konnte sich nicht überall dort entfalten, wo man es gerne wollte. Ein Boot, ein Schiff war ”stationär”. Erst mit der Erfindung des Faltbootes, dem zusammenklappbaren Boot, dem ”Hadernkahn”, wie Spötter dieses Schiff nannten, konnte sich Freiheit überall entfalten. Man war nicht mehr an ein Gewässer gebunden, war in der Lage vom Fluß zum See zu wechseln. Im Unterschied zu einem offenen Kahn hatte man nun auch die Möglichkeit bei Wellen, wie auch auf Flüssen mit bewegtem Wasser zu fahren. All dies schuf das große Gefühl für Feiheit, aber auch ein gewisses Außenseiterdasein, auf das man sehr stolz war. Es war die Voraussetzung für unsere Clubgründer.

Das alles hat sich bis heute, natürlich mit Abwandlungen, erhalten. Entscheidend aber war, daß die Gruppe der Gründer einen Hang zum Intellektuellen hatten und deswegen auch nicht den Sport nur als Selbstzweck, sondern als Förderer für Geist und Wohlbefinden betrachtet haben. Für sie war die geistige Auseinandersetzung, der Genuß des Schönen, genauso wichtig. Man war nicht dem Ideal der körperlichen Vollkommenheit allein verhaftet.

Eine Einstellung, die sich im Laufe all der Jahre mehr oder minder erhalten hat. Unser Club hat deswegen das Prädikat etwas Eigenes, Besonderes zu sein.

So hat sich der Kanu Club Turngemeinde München im Lauf der Jahrzehnte wirklich zu einer Institution im Münchner Sport entwickelt. Einer Institution, die nicht mit den Großvereinen konkurieren kann, doch ein Verein, der bei einer Mitgliederzahl von etwa 300 Personen, einen festen Platz in München hat und eben durch seinen aus dem Rahmen fallenden Anspruch kein Allerweltsclub ist.

Das ist das Verdienst vieler Mitglieder, die diesem Club nicht nur ihren Beitrag entrichtet, sondern durch ihr Engagement und ihren persönlichen Einsatz mehr gegeben haben, als nur ihre sportlichen Erfolge. Sie haben sich immer mit ihrem Verein identifiziert, haben Marken gesetzt, Pflöcke eingeschlagen, mit ihrem ganzen Herzen und dem Wunsch, mehr zu sein als nur ein Sportverein, der Boote bewegt. Sie waren deshalb nicht immer bei allen gut angesehen, hatten viele Hindernisse zu überwinden, hatten Neider. Doch war für sie der ”Club” ihre Heimat, die eben nicht nur die eher trivialen Bedürfnisse der sportlichen Betätigung zu erfüllen hatte, sondern auch ein Feld geistiger Auseinandersetzung und über den normalen Horizont hinausgehender Gedanken war.

Wir müssen dies wieder nach außen reflektieren, wollen wir dem Anspruch gerecht werden, eben mehr zu sein, als nur ein kleiner Sportverein. Dabei sind wir der Tradition verhaftet, aber beileibe nicht eine Gemeinschaft von Traditionalisten. Zu tradieren sind die Werte, die uns die Gründer vorgegeben haben, allerdings übertragen auf die heutigen Verhältnisse, eben im Pulsschlag unserer Zeit.

Es hat sich viel geändert in diesen 75 Jahren. Ein Weltkrieg war gerade zu Ende, die Zeit der braunen Diktatur im Entstehen. Dann Jahre, die zum Trauma wurden. Ein Krieg, der an Furchtbarkeiten kaum zu überbieten war und der Zusammenbruch, die bedingungslose Kapitulation. All das hat der Club überdauert, hat die Mitglieder der jeweiligen Zeit geprägt.

Was ist geblieben bis zum heutigen Tag. Ein Verein, der seinen Mitgliedern eine Heimat bietet, eine Vereinigung, welche die Symbiose Sport, Geselligkeit und Kultur ideal zusammengefügt hat. Wird es so bleiben?

Wir sollten den Weg weitergehen, den unsere Altvorderen begonnen haben, alledings unter der Prämisse unserer Zeit. Wehren wir uns gegen die heute allgemein übliche Servicementalität, die einzig die gebotene Leistung im Gegenwert zum eingesetzten Geld sieht. Schauen wir zurück, wo wir herkommen. Das ist keine Denkmalspflege. Denn wer nicht weiß wo er herkommt, wo er steht, weiß auch nicht wohin er zu gehen hat.

Was wir dafür erhalten ist die Genugtuung und Zufriedenheit, einer Gemeinschaft anzugehören, die sich vom Grau des Alltags abhebt, ohne sich dabei zu Elitärem zu versteigen.

Trotz vieler Unkenrufe, wir, die TGM haben eine Zukunft, auch im neuen Jahrtausend. Dafür müssen wir, die Mitglieder, stehen. Es kommt auf uns alle an!

Hans Proquitté