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Das Boot – Faltboot, Kajak und Canadier – ein wenig Geschichte

Eines der ersten Fortbewegungsmittel des Menschen war, neben dem Reiten auf einem Tier, ein Wasserfahrzeug. Zuerst aus Holz, als Floß oder Einbaum, später ein Gerüst aus Ästen oder Knochen mit einer Tierhaut darüber. Aber auch aufgeblasene Tierhäute, zusammengebunden, dienten als Transportmittel auf dem Wasser, der naturgegebenen Straße.

Dann baute man Schiffe aus Holzplanken und später aus Metall und eroberte sich die Meere. Nur die an den Rändern der Welt lebenden Minderheiten erhielten sich Boote, die sie in den meist lebensfeindlichen Regionen unabhängig machten. Darunter war neben den Kanus der Indianer vor allem die Kajaks der Eskimos. Sie sind das Urbild unser aller Boote, auch heute noch.

Der Kajak und der größere Umiak, das Frauenboot, waren aus Tierhäuten gefertigte, schmale, lange, geschlossene und gut manövrierbare Boote über einem Gerüst aus Treibholz. Sie ermöglichten den Jägern die Fahrt auf den schmalen Rinnen zwischen den Eisschollen und konnten auch ohne Probleme über das Eis gezogen werden. Verschlossen wurde die kleine Luke mit dem Anorak. Vorwärts bewegt mit einem Doppelpaddel, lernte der Eskimo bald, sich nach einem Umschmiß wieder aufzurichten, zu ”eskimotieren” . Eine überlebenswichtige Technik.

Der erste, der einen Kajak für sportliche Zwecke nachempfand, war der Schotte MacGregor 1865, der einen Holzkajak baute. Er machte damit große Fahrten an der Küste und auf den Flüssen, wie Mosel, Rhein und Donau. In Amerika wurden Anfang 1900 zerlegbare Canadier gebaut, die ein Münchner auf der Isar ausprobierte.1905 schuf der Student Alfred Heurich den ersten Faltkajak, den er auf einer Fahrt von Bad Tölz nach München bewegte. Ein Boot, einer Hängematte ähnlicher, da man noch keine Spannung im Gerüst erzeugen konnte.1907 verkaufte er die Lizenz an den Rosenheimer Johann Klepper. Damit begann der Siegeszug des Faltbootes. Klepper baute eine Spannvorrichtung ein und das Boot wurde gerade und stabil. Bald produzierten viele kleine Werften, speziell in Süddeutschland und Österreich ähnliche Faltboote. Der Zweier kam dazu und das Langboot, schmäler und länger, dem Kajak der Eskimos direkt nachempfunden.

Eine Bewegung setzte ein. Nach und nach wurden alle großen Flüsse befahren, man ging auch ins Ausland, damals noch keine so leichte Angelegenheit. 1928 startete Franz Romer in einem Faltboot in Lissabon, überquerte den Atlantik und erreichte Haiti. Auf der Fahrt nach New York kam er aber leider in einem Hurrikan um´s Leben.

Daß man das Faltboot auch bald als Sportgerät im Wettkampf einsetzte, war nur eine logische Entwicklung. Zuerst auf Flußregatten, führte man auch bald auf den Seen große Rennen durch. Ein Einheitsboot, das IF ( Internationales Faltboot ), wurde entwickelt, das wesentlich leichter und schmaler war.

Alle möglichen Sonderspielarten entstanden, bis zu einem Faltboot ”Achter” der Bootswerft Poiger, auch einem TGM-Mitglied.

Der ”Hadernkahn”, das Faltboot, war gesellschaftsfähig geworden.

Im Rennsport wurden die Faltboote ab 1930 mehr und mehr durch den Kajak ersetzt. Zuerst ein schlankes Boot aus Sperrholz mit lakiertem Tuchverdeck, als Einer, Zweier und Vierer. Dann, in einer Dänischen Werft entwickelt, ganz aus Holz verleimt und gepreßt. Wahre Schmuckstücke mit wunderbaren Einlegearbeiten. Genauso wurden auch die schlanken Renncanadier hergestellt. Während diese Boote nur auf Schnelligkeit getrimmt waren, wurde das Faltboot für Wandern und Wildwasser Anfang der 60er Jahre vom Kajak aus Kunststoff abgelöst. Hauptgrund: Das Auto, das den Transport leicht machte. Aber auch die Stabilität gegenüber dem sehr zerbrechlichen Faltboot, besonders in steinigen Flüssen, war entscheidend. So werden Faltboote heute nur noch selten eingesetzt. In erster Linie, wenn der Transport ein Problem darstellt, man das Auto nicht benützen kann, wird es noch gefahren. Die Kajaks, die im Wildwasser benützt werden, haben sich im Laufe der Jahre grundlegend verändert. Viele neue Spielformen, für jeden Bereich mit eigener Optik und entsprechenden Fahreigenschaften, werden heute angeboten. Vom ultrakurzen Topolino über das Rodeo Boot bis zum Seekajak, gibt es alles, was sich der moderne Kajakfahrer wünscht.

Der Canadier, das Boot der Indianer, ist gerade für lange Wanderungen auf Zahmwasser oder Seen heute ein vielbegehrtes Wasserfahrzeug aus unterschiedlichen Materialien, wie Holz, Kunststoff oder Metall.

Im Wildwasser und speziell bei Rennen, ist der Canadier rein äußerlich kaum vom Kajak zu unterscheiden. Daneben hat sich in einem Randbereich der mit Luft gefüllte Gummikajak in sehr unterschiedlichen Formen bewährt und wird vor allem auf Expedition in unzugänglichen Regionen eingesetzt. Dazu gibt es eine interessante Entwicklung unseres Mitglieds Arno Wiedenmann, ein Mittelding zwischen Kajak und Canadier, mit besten Fahreigenschaften.

So wie das Boot, hat sich auch der Paddler verändert. Die ”Wasserzigeuner” der frühen Jahre, die mit der Bahn und riesigem Gepäck auszogen, an den Flüssen zelteten und den Fluß als Straße benützten, sind nahezu ausgestorben. Heute dominiert das Wohnmobil. Das ”wilde” Zelten ist verboten und die Wildwasserstrecken, meistens kurz aber knackig, werden mehrmals hintereinander befahren. Gefragt ist der ”Adrenalin Kick”, das ultimative Erlebnis, der Event, eben Zeichen unserer Zeit.

Hans Proquitté